Arbeitskreis Wesermarsch (AkW)informiert


Wir über uns –von gestern bis heute

1980 gründete sich zunächst der „Arbeitskreis Wesermarsch“ (AkW) aus den Bremer Bürgerinitiativen Umweltschutz.
In den ersten Jahren trafen sich die MitstreiterInnen des Arbeitskreises einmal im Monat, immer sonntags in der Fährkneipe in Dedesdorf.
Seit dem Ende des Jahres 1980 wurden „Esenshamm Rundbriefe“ im Vorfeld der Gruppentreffen erstellt, die bis zum heutigen Tag 6- mal im Jahr verschickt werden. Die zurzeit 74 Adressaten des Arbeitskreises setzen sich je zur Hälfte aus Gruppen wie Bürgerinitiativen, Naturschutzverbänden und Parteien, und Einzelpersonen zusammen.
Der Arbeitskreis finanziert seine Tätigkeiten wie die Organisation von Veranstaltungen, Rundbriefen, Transparenten, Informationsmaterialien, Demonstrationen usw. über einen Spendenbeitrag von zurzeit 12,50 Euro pro Jahr.
Das Atomkraftwerk - Esenshamm wurde 1978 in Betrieb genommen.
Ab Anfang der 1980er Jahre fanden Arbeitstreffen alle 4 bis 6 Wochen statt. Zunächst in Rodenkirchen, später auch in Brake. Schwerpunkte der Arbeit waren Informations-Veranstaltungen zum Atomkraftwerk Esenshamm, deren Störfälle und die CASTOR-Transporte über Nordenham und andere Aktivitäten.
Die bundesweite Zusammenarbeit und der Austausch mit anderen Bürgerinitiativen, z.B. der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg und der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad wurden ebenso regelmäßig durchgeführt wie die Beteiligung und Organisation an bundesweiten Demonstrationen.
Mit Beginn der Planung eines Zwischenlagers für CASTOREN auf dem Atomkraftwerksgelände, gründete sich 2001 in Rodenkirchen und Bremerhaven die Aktionsgruppe gegen das Zwischenlager, kurz „Aktion Z“ genannt.
Viele MitstreiterInnen aus dem Arbeitskreis Wesermarsch traten auch diesem Bündnis bei um die Organisation des Widerstandes und die Proteste sowie eine Klage gegen die Errichtung des Zwischenlagers zu unterstützen.
Mit der baulichen Errichtung des „Brennelemente-Zwischenlagers Unterweser (BZU)“ wurde im Januar 2004 begonnen. Die Inbetriebnahme erfolgte mit der Einlagerung des ersten CASTOR-Behälters im Juni 2007. Laut Genehmigungsbescheid des Bundesamtes für Strahlenschutz vom 22. September 2003 darf die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe auf maximal 80 Stellplätzen erfolgen und ist befristet auf 40 Jahre (Juni 2047). Das heißt eine Neugenehmigung (u.a. mit einer heißen Zelle) muss dringend erfolgen.
In den 1990iger Jahren wurden leicht- bis mittelradioaktive Reststoffe aus dem Atomkraftwerk – wie Putzlappen o.ä.- zur Konditionierung nach Mol in Belgien transportiert. Dort wurden diese Reststoffe/ Materialien in 200 Liter Fässern verpackt, mit Beton verschlossen und zurück, in ein hierfür geschaffenes 2. Zwischenlager auf dem Gelände transportiert.
Während der Lagerung am Atomkraftwerk blähten sich diese Fässer nach einiger Zeit auf und es wurde im Nachhinein festgestellt, dass in Belgien versehentlich den radioaktiven Reststoffen organisches Material zugefügt wurde mit dem Ergebnis, dass sich diese Fässer aufblähten. Daher haben wir dieses 2. Zwischenlager als „Blähfasslager“ bezeichnet.
Der Betrieb des Atomkraftwerkes verursachte im Laufe der Jahre immer wieder kleinere und auch größere „Störfälle“, die unseres Erachtens eine Gefahr für Mensch und Natur darstellten. Mit Oda Becker und Wolfgang Neumann wurden Gutachten mit dem Ziel erstellt, diese Gefahr nachzuweisen und das Atomkraftwerk stillzulegen. Vorarbeiten für eine Stilllegungsklage wurden von uns um 2010 erstellt.
Jedoch erst nach der Atomkatastrophe in Fukushima/Japan wurde im Rahmen des von der Bundesregierung beschlossenen Ausstiegs aus der Atomenergie, das Atomkraftwerk in Esenshamm abgeschaltet, aber noch nicht stillgelegt Der Betreiber E.on hätte gerne nach kurzer „Verschnaufpause. (Moratorium) das Atomkraftwerk weiterbetrieben. Die bundesweiten Proteste der Anti-Atomkraft-Bewegung haben auch in Rodenkirchen zu massiven Ablehnungen und Widerstand durch die Gruppen Aktion Z und .Arbeitskreis Wesermarsch geführt. Am 25.04.2011 fand die bisher größte Demonstration mit einer Umzingelung des AKW zu Lande und zu Wasser statt, an der sich ca. 8000 Menschen aus der Region beteiligten.
Am 15.07.2011 erteilte das  für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (NMU), der Preussen Elektra GmbH den Genehmigungs-bescheides zur Abbauphase 2 des „KernkraftwerkesUnterweser“. Ende 2011 erfolgte die vorläufige Abschaltung.
Im Februar 2016 begann dann durch das NMU das 4-tägige Anhörungsverfahren zur Stilllegungs- und Rückbaugenehmigung in Rodenkirchen. Der Arbeitskreis Wesermarsch hatte in 2013 beim Scopingtermin 35 Änderungsanträge eingebracht.
Der Arbeitskreis Wesermarsch hatte zu diesem angestrebten Rückbau- und Stilllegungsverfahren über 1000 Einwände gesammelt und dazu 20 Dissenzpunkte erarbeitet. Diese Einwände wurden mit der Unterstützung des Physikers Wolfgang Neumann vorgetragen und mit dem Ziel, bei der Genehmigung durch das NMU berücksichtigt zu werden. Zum Schutz von Menschen und Natur und auf Grundlage der neuesten Erkenntnisse von Wissenschaft und Technik.


Foto: unser uns bislang ständig sehr fachlich begleitender Physiker Wolfgang Neumann)

Am 5. Februar 2018 erteilte das Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz in Niedersachsen die Genehmigung zur Stilllegung und zum Rückbau.
Der Arbeitskreis Wesermarsch war mit dieser Genehmigung nicht einverstanden, da wesentliche Kritikpunkte überhaupt nicht berücksichtigt wurden. Wolfgang Neumann stellte fest, dass es diverse beklagenswerte Punkte gegen diese Genehmigung gäbe und das Ermessen des NMU nicht genutzt wurde.
Das Signal für eine Klage war gegeben. Der Arbeitskreis Wesermarsch gründete einen „klagebegleitenden Arbeitskreis“, in dem sowohl Vertreter der „Aktion Z“ und des BUND als auch der klageberechtigte Paul Bremer mitarbeiteten.
Für die rechtliche Begleitung entschied sich der Arbeitskreis für die Rechtsanwältin Joy Hensel aus Wiesbaden nach einem Auswahlverfahren.  Sie erstellte mit dem klagebegleitenden AK eine 180seitige Klageschrift.
Es wurde beantragt den Genehmigungsbescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz für das „Kernkraftwerk Unterweser (KKU)“ (Bescheid I/2018) Stilllegung und Abbau (Stilllegung, Abbauphase 1) vom 6. Februar in diversen Punkten zu korrigieren. Die Klage wurde im Herbst 2018 beim OVG Lüneburg eingereicht.
Dem klagebegleitenden Arbeitskreis waren insbesondere 5 Punkte beklagenswert, die wir hier kurz darstellen:
1. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung nachzuholen inkl. Messen von Schadstoffen (inkl. aller 4 radioaktiver Strahlen) im umgebenden Brackwasserbereich (Pflanze, Boden, Weserwasser)
2. Die Ableitungswerte von Abwasser in die Weser deutlich zu reduzieren
3. Die „Freigemessenen Abfälle“ (10-Mikrosievert-Konzept) nicht dem Kreislaufwirtschaftsgesetz unterzuordnen, sondern extern in einem zu schaffenden Bundeslager zu lagern.
4. Die Deichsicherheit nördlich und südlich des AKW zu gewährleisten, damit das AKW und die Bevölkerung bei einer zu erwartenden Sturmflut sicher sind (Ringdeich schaffen und Unterbestick beseitigen).
5. Keine Lagerung freigemessener radioaktiver Rückbauabfälle auf einer Deponie.
Am 21. Februar 2019 wurden die letzten Brennelemente aus dem Reaktorbecken entfernt. Seit diesem Zeitpunkt befinden sich 40 beladene CASTOR® V/19-Behälter im Zwischenlager.
Das radioaktive Inventar eines einzigen Castorbehälters mit abgebrannten Brennelementen beläuft sich auf 340 Billiarden Becquerel, das entspricht fast 6 Hiroshima- plus sechs Nagasaki Atombomben. (Quelle: Ausgestrahlt 2017)
Seit dem 01.01.2019 wird das BZU von der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung mbH (BGZ) betrieben. Bisheriger Betreiber des BZU war die Preussen Elektra GmbH (vormals E.ON Kernkraft GmbH), die auch das im Rückbau befindliche Atomkraftwerk Esenshamm betreibt.
2020 wurde das dritte Zwischenlager LUnA errichtet. In diesem wird mittel- und schwach radioaktiver Abfall in, für die Endlagerung in Konrad zugelassenen und abgenommenen Behältern eingelagert (vermeintlich mindestens 10 Mikrosievert pro Person und Jahr).
Im Zeitraum zwischen 2018 und 2020 wurde unsere Klage seitens des Oberveraltungsgerichtes in Lüneburg nicht behandelt. Auf Nachfrage wurde informell als Grund Personalmangel angeführt.  Infolge weiterer Gespräche wurde seitens der Richterschaft ein Mediationsverfahren mit dem Kläger und VertreterInnen des „klagebegleitenden Arbeitskreises“ und Preußen Elektra und NMU vereinbart.
Am 29. September 2021 fand die erste Sitzung des Mediationsverfahrens mit einer speziell fortgebildeten Güterichterin in Lüneburg statt.
Ein weiterer Termin folgte am 26.4.22. In dieser Sitzung wurde eine Vereinbarung zwischen dem Kläger, Preussen Elektra und dem niedersächsischen Umweltministerium entworfen und im Mai 2022 auch von uns unterzeichnet. Unserer Forderung nach einer umfänglichen Umgebungsüberwachung, u.a. einer Umweltverträglichkeitsprüfung für den Brackwasserbereich wurde abgelehnt.
Entgegenkommen gab es zu den Ableitungswerten im Abwasser. Preussen Elektra verpflichtete sich die Abgabe radioaktiver Stoffe zu begrenzen. Am Maßstab der aktuell gültigen Ableitungswerte gemessen bedeutet dies eine Reduzierung der maximal zulässigen Abgabewerte um 71 %(Tritium) bzw. 46 %(andere radioaktive Isotope), gemessen nur für Gammastrahlen. Dies wurde jedoch nur mit einer Betriebshandbucheintragung zugesagt. Ein atomrechtliches Verfahren mit z.B. neutraler Überprüfungsmöglichkeit und schärferer Grenzwerte wurde abgelehnt. D.h. der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) müsste eine neue Einleitungserlaubnis erteilen. Die Forderung, die „freigemessenen Abfälle“ nicht auf Baustoff- und Hausmüll-deponien zu entsorgen, wurde mit der Begründung abgelehnt, dass das Strahlenschutz-Gesetz nach § 29 das rechtlich so vorsehe. Es wurde weiter vereinbart das vom Kläger und Arbeitskreis aufgeführte Problem eines unzureichenden Deich- und Hochwasserschutzes in einem Fachgespräch zu behandeln.
Dieser Termin fand am 11.11.2022 in Brake mit VertreterInnen des Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), dem niedersächsischen Umweltministerium, Landkreis, Deichverband, Preussen Elektra und dem klagebegleitenden Arbeitskreis statt. Ein Ergebnis dieses Gespräches war die Bestätigung unserer seit 2016 erhobenen Einwendung, dass die Deichsicherheit an 2 Stellen, 440 m nördlich des AKW über 1,1 m Unterbestick und direkt südlich des AKW 0,45 m Unterbestick, nicht gewährleistet ist. Der Deich muss an diesen Stellen unverzüglich erhöht werden. Dies bedeutet auch, dass unverzüglich ein Plangenehmigungsverfahren und eine Machbarkeitsstudie für den Ringdeich einzuleiten ist.
Das Niedersächsische Umweltministerium und der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz sind aufgefordert endlich in diesem Sinne umgehend tätig zu werden.
Anke Krein, Karsten Langbehn, Hans-Otto Meyer-Ott

Stand: 30.März 2023